Leichte Nutzfahrzeuge sind Multitalente, Generalisten. Als Faktotum ist das LCV – wie Figaro in Rossinis Oper “Der Barbier von Sevilla” – einmal hier, einmal da: kurzum überall dort, wo es gebraucht wird. Das breite Einsatzspektrum bedingt eine reiche Formen-Palette. Die Grundform des LCVs ist der Kastenwagen, der klassische Lieferwagen als Warentransporter: der Vivaro Cargo. Abwandlungen sind der Pritschenwagen und das Fahrgestell-Modell; wenn das Ladegut offen oder im eigens gestalteten Laderaum transportiert werden soll.
Das Gegenstück des Kastenwagens ist der Personentransporter, der Kleinbus bzw. Kombi. Die Doppelkabinen-Variante steht zwischen diesen zwei Urformen: sie kombiniert die Vorzüge des Kastenwagens mit jenen des Busses. Einerseits gewährt sie in zwei Sitzreihen bis zu 6 Passagieren reichlich Platz; andererseits ist im anschließenden Kasten genug Raum fürs Ladegut. Erstmals richtig auf blüht diese Formenvielfalt in der mittleren der drei LCV-Klassen – der Heimat des Opel Vivaro.
Als Stromer oder mit Diesel verfügbar
Opel offeriert den Vivaro – abgesehen vom Pritschenwagen – in allen genannten Spielarten. Hinzu kommen die Varianten für den privaten Einsatz: der Opel Zafira Life etwa oder der Reisevan Alpincamper. Dieser Formenvielfalt steht ein ähnlich vielseitiges Antriebsangebot gegenüber: neben diversen Dieselmotoren haben die Rüsselsheimer auch einen Elektro- und Wasserstoff-Antrieb im Programm. Stromern können der Kastenwagen und der Bus – sowie das Fahrgestell- und Doppelkabinen-Modell.
Letzterer surrt als Vivaro Electric Doppelkabine seit 2020 durch die Gassen sowie über Feld und Flur. Der Elektromotor leistet 136 PS respektive 260 Nm; die Energie hält wahlweise ein Akku mit 50 oder 75 kWh Speichervermögen vor (Kraftstoffverbrauch kombiniert WLTP: 25,4 / 26,8 kWh auf 100 km, 0 g/km CO2 und Energieeffizienzklasse A+++). Der Strom reicht laut Norm für eine Strecke von 219 bzw. 315 Kilometern; spätestens dann muss die Batterie wieder aufgeladen werden.
2.0 Diesel mit 145 PS
Wir sind im Test aber mit dem konventionell angetriebenen Opel Vivaro Doppelkabine Kastenwagen unterwegs – und bei ihm ist der Tank nach 300 Kilometern noch mehr als halbvoll: bei einem vollen Fassungsvermögen von 70 Litern. Getankt wird im herkömmlichen Vivaro ausschließlich Diesel. Verbrannt wird er seit November 2022 ausschließlich vom 2.0 Diesel mit 145 PS und 340 Nm (Kraftstoffverbrauch kombiniert WLTP: 7,1 – 8,0 Liter auf 100 km, 185 – 211 g/km CO2 und Energieeffizienzklasse k.A.).
Die Konzentration auf einen einzigen Selbstzünder ist eine der großen Änderungen der letztjährigen Überarbeitungen. 2019 trat die 3. Vivaro-Generation mit zwei Dieselmotoren in fünf unterschiedlichen Leistungsstufen an. Sowohl der 1.5 Diesel mit 102 bzw. 120 PS wie der 2.0 Diesel mit 122, 150 und 177 PS wurden im November 2022 außer Dienst gestellt. Ihr aller Ersatz ist der 2.0 Diesel mit 145 PS und 340 Nm – eine Weiterentwicklung des Selbstzünders mit 150 PS und 370 Nm.
Neuer Selbstzünder sparsamer und etwas dynamischer
Praktisch sind die Fahrleistungen des neuen Diesels, trotz der nominell etwas geringeren Leistung, so gut wie unverändert; theoretisch sind sie sogar einen Hauch besser. Der 2.0 Diesel beschleunigt mit 145 PS in 12,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h – 2 Zehntel schneller als der Vorgänger. Bei einem Nutzfahrzeug ist das zwar nur nebensächlich, bei einem Doppelkabinen-Modell jedoch keineswegs ohne Bedeutung. Wenn der Trupp mit Schwung anreist, nimmt er diesen Schwung gern in die Arbeit mit. Das Ladegut bleibt davon jedoch unbeeindruckt.
Ein möglichst niedriger Verbrauch ist hingegen in jedem Fall ein Vorteil. Der neue Selbstzünder verbrennt auch ein paar Prozent weniger Diesel; mit der 8-Stufen-Automatik ist es sogar knapp ein halber Liter. Die Automatik ist für den Diesel dieser Leistungsklasse neu im Sortiment; bisher war sie dem Topdiesel vorbehalten. Die Option auf den Allradantrieb von Dangel – dem französischen Spezialisten für den Umbau von Zwei- auf Allradantrieb – fällt seit der Überarbeitung indes flach. Ob sie je zurückkehren wird, lässt Opel vorerst offen.
Zwei Längen und 4.000 Euro teurer als der Cargo
Nicht wiederkehren werden mit hoher Wahrscheinlichkeit die drei ursprünglichen Ausstattungslinien des Vivaro Doppelkabine KaWas. Opel setzt ab sofort auf eine umfangreiche Grundausstattung – und auf ein schlankes, übersichtliches Angebot an Extras. Der neue Diesel und die neue Angebotsstruktur wirken sich naturgemäß auf den Basispreis aus. Er liegt seit Ende 2022 bei 36.650 Euro netto, zuvor lag er bei 33.170 Euro. Eines bleibt unverändert: der Vivaro Doppelkabine ist gut 4.000 Euro teurer als der Vivaro Cargo.
Das Dieselmodell kostet seinerseits wiederum knapp 6.000 Euro weniger als der Vivaro Electric Doppelkabine mit dem kleinen Akku (exklusive Umweltbonus); für die große Batterie verrechnet Opel weitere 5.000 Euro. Anders ausgedrückt. Mit dem Selbstzünder stößt der Vivaro deutlich mehr Schadstoffe aus – er fährt aber nahezu drei Mal so weit; und ist im Unterhalt kaum teurer. Ausgestattet sind die verschiedenen Doppelkabine-Varianten identisch; außerdem werden sie alle erneut in den Längen “M” und “L” angeboten.
Umfangreichere Basisausstattung
Der Opel Vivaro Doppelkabine M ist 4,6 Meter lang. Die “L”-Variante ist bis zum Ende der seitlichen Schiebetüre identisch und vertraut ebenso auf einen Radstand von 3,28 Metern. Hinten hängt die Langversion aber 115 statt 80 Zentimeter über. Dadurch wächst das maximale Ladevolumen von 3,2 auf 4,0 m³; sowie die maximale Laderaumlänge von 2,02 auf 2,37 Meter. Die Ladekante liegt jedoch um 6 Zentimeter höher; mit 60 Zentimetern aber immer noch angenehm niedrig. Äußerst angenehm ist auch das Platzangebot auf den 6 oder wahlweise 5 Sitzplätzen.
Beim 5-Sitzer wird die Beifahrer-Doppelsitzbank durch einen 4-fach verstellbaren Komfortsitz ersetzt; dessen Komfort ist mit dem 6-fach verstellbaren Fahrersitz vergleichbar. Serienmäßig gefördert wird der Komfort auch durch eine 4-stufige manuelle Klimaanlage. Gegen Aufpreis verbaut Opel u.a. eine 2-Zonen-Klimmautomatik, ein Multimedia-Radio oder ein voll vernetztes Navigationssystem; letzteres für 1.100 Euro. Die Sicherheit lässt sich mit dem Fahrerassistenz-Paket für 1.600 Euro deutlich erhöhen; die Sicht mit den relativ teuren Xenon-Scheinwerfern. Hier wäre mehr sicherlich auch mehr gewesen.