Diesel oder Benzin? Was bringt uns die Zukunft? Teil 1 von 2
Der Ottomotor und der Selbstzünder – landläufig als Benziner und Diesel bekannt – haben in den letzten hundert Jahren den Aufstieg des Automobils befeuert. Doch können sie diese Aufgabe auch in den nächsten Jahrzehnten übernehmen?
Einiges spricht dagegen: Diesel und Benzin sind fossile Energieträger und bestehen aus organischen Kohlenstoffverbindungen. Das heißt: Sie sind nur begrenzt verfügbar und setzen bei der Verbrennung Abgase frei:
- Der Großteil der Abgase gelangt als Kohlendioxid (CO2) in unsere Atmosphäre – ein Gas, das für den menschengemachten Treibhauseffekt und damit für die Erderwärmung hauptverantwortlich ist.
- Das Verbrennen von Diesel und Benzin setzt außerdem noch weitere, teils gesundheitsgefährliche und giftige Abgase frei: Rußpartikel etwa, Kohlenmonoxid (CO), unverbrannte Kohlenwasserstoffe (HC), Feinstaub und Stickoxide (NOx), welche die Atemwege und Bronchien angreifen.
Die Politik versucht diese negativen Folgen einzudämmen: mit immer schärferen Abgasemissionsvorschriften. Bisher konnten die Hersteller dieser durch die Weiterentwicklung der Diesel- und Benzinmotoren erfüllen. Allmählich stoßen die Ingenieure aber an technische und nicht zuletzt wirtschaftliche Grenzen.
Es sind also Alternativen gefragt – sowohl alternative Kraftstoffe wie alternative Motorenkonzepten. Nach dem jüngst bekannt gewordenen VW Abgasskandal – der fast ausschließlich Dieselaggregate betrifft – stellt sich die Frage nach den Alternativen nun aber neu. Hat der Diesel noch eine Zukunft oder wird er bald von Hybridantrieben und Elektromotoren abgelöst? Und was wird aus dem Ottomotor?Wie die Antworten der Experten und der Topmanager der Autoindustrie aussehen, wollen wir Ihnen im Folgenden verraten.
Die Zukunft des Dieselmotors
Angesichts der jüngsten Ereignisse steht eine Frage natürlich im Mittelpunkt: Wie geht es mit dem Dieselmotor weiter? Eine schwierige Frage – und eine, die sich kaum pauschal beantworten lässt. Ein Grund: Dieselmotoren sind nicht überall in gleichem Maße gefragt:
- In Europa und in Indien z.B. ist derzeit jeder zweite Neuwagen mit einem Diesel bestückt. Viele Gewerbetreibende, die regelmäßig längere Strecken fahren müssen, sind Dieselmotor-Fahrer.
- Ganz anders die Situation in den USA, in China, in Brasilien und Japan. Dort kommt der Selbstzünder nicht über einige Prozent Marktanteil hinaus. Das wird sich nach einhelliger Expertenmeinung – nicht zuletzt aufgrund der Abgasproblematik – auch nicht mehr ändern.
Anders formulieren: Der Diesel verbraucht weniger Kraftstoff und stößt – ohne Abgasnachbehandlung – weniger Schadstoffe aus (Rohemissionen). Ein geringerer Verbrauch bedeutet natürlich auch weniger Kohlendioxidausstoß – und das verschafft dem Selbstzünder, angesichts der immer strikteren Kohlendioxidemissionsgrenzen, einen wichtigen Technologievorsprung.
In der EU treten 2020/21 neue Flottenverbrauchsziele in Kraft: Die Neuwagen eines Herstellers dürfen dann im Mittel nicht mehr als 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen. Derzeit sind es noch rund 130 Gramm CO2 – die Autobauer müssen den Flottenverbrauch in den nächsten 5 Jahren also um ein Viertel senken. Und das ist eine Herausforderung, die ohne Dieselmotor nicht zu bewältigen sein wird (PDF, engl., S.6).Abgasnachbehandlung: Nachteil Diesel
Der CO2-Ausstoß ist aber nur eine Seite der Medaille, die andere sind Abgase wie Ruß, Feinstaub und die Stickoxide. Den Rußausstoß haben die Hersteller mit dem Dieselpartikelfilter weitgehend in den Griff bekommen. Gegenwärtig bereitet der Stickoxidausstoß die größten Probleme. Gerade weil der Dieselmotor den Kraftstoff effizienter verbrennt, erweist sich die Abgasnachbehandlung hier als aufwendiger:
- Bei Benzinmotoren können die Stickoxide im Drei-Wege-Katalysator mit Hilfe anderer Abgase neutralisiert werden.
- Beim Selbstzünder werden zu wenig Abgase frei: dieser chemische Kunstgriff ist hier nicht möglich. Es bedarf deshalb aufwendigerer Verfahren wie des SCR-Katalysators und der Harnstoffeinspritzung.
Zukunftsaussichten des Diesels
Das verteuert die Abgasnachbehandlung in Dieselmotoren und macht sie spürbar teurerer als im Benziner. Dieser zusätzliche Kostenfaktor ist für den Diesel vor allem dort ein Problem, wo der Kostendruck jetzt schon sehr hoch ist: namentlich in der Klein- und Kleinstwagenklasse. Hier leidet der Selbstzünder ohnehin darunter, dass er im Bau – aufgrund des höheren Arbeitsdrucks und der höheren Temperaturen – deutlich teurerer ist als der Ottomotor.Einige Experten, wie die Roland Berger-Studie, gehen deshalb davon aus:
- Der Dieselmotoranteil wird bei den Minis und Kleinwagen weiter zurückgehen.
- In den höheren Klassen sollte sich der Selbstzünder kurz- und mittelfristig jedoch behaupten können.
Andere, wie Prof. Dr.-Ing. Karl Huber der Technischen Hochschule Ingolstadt, sehen den Diesel im PKW allerdings grundsätzlich fehl am Platz.
Unumstritten aber ist, dass der Dieselmotor in puncto Effizienz und Abgasreduktion noch signifikant verbessert werden kann: durch eine optimierte Verbrennungsführung und Mechanik, feinere Sensortechniken, ein höhere Aufladung, durch Downsizing, neue Werkstoffe und eine effizientere Abgasnachbehandlung. In den nächsten zehn Jahren rechnen Fachleute mit einer Verbesserung der Effizienz um ca. 10 bis 20%; allerdings wird auch das mit Mehrkosten verbunden sein. Weiterhin werden aber durch technische Fortschritte der Verbrauch der Diesel- und Benzinmotoren sinken.Ein weiteres Standbein könnte dem Selbstzünder im Bereich der Hybridantriebe erwachsen. Zwar ist der Benziner diesbezüglich im Vorteil, doch auch der Diesel kann in Verbindung mit einem E-Motor kleiner und günstiger gebaut werden.
Die Zukunft des Benziners
Nicht wenige haben in den letzten Jahren bereits den Abgesang auf den Ottomotor angestimmt. Der Diesel-Abgasskandal hat nun die Stimmung jedoch verändert. Selbst der VW-Konzern will den Ottomotor wieder mehr Aufmerksamkeit widmen, wobei hier auch die globale Marktsituation eine gewichtige Rolle spielt. Die Märkte in China, den beiden Amerikas und in Japan stehen nur Fahrzeugen mit Ottomotoren offen.
Doch auch in Deutschland sehen die Prognosen für den Benzinmotor rosiger aus. Gerade bei den Minis- und den Kleinwagen gehen wie erwähnt viele Experten davon aus, dass der Benziner seine Vormachtstellung ausbauen kann. Ottomotoren sind einfacher aufgebaut, leiser und in der Anschaffung bzw. Versicherung günstiger. Das wiegt den Nachteil des höheren Verbrauchs mehr als auf, vor allem bei kleineren Autos, die viel auf der Kurzstrecke unterwegs sind.Der bestehende Kostenvorteil sollte in den nächsten Jahren sogar noch größer werden. Weil als Folge des Abgasskandals die Testverfahren strenger, realistischer werden (das neue WLPC/WLPC-Testverfahren wird voraussichtlich 2017 eingeführt). Zwar verbrauchen auch Benzinmotoren in der Praxis mehr Kraftstoff und machen den Diesel für Vielfahrer interessanter und stoßen mehr Abgase aus als angegeben – die Abgasnachbehandlung ist bei ihnen jedoch viel einfacher.
Außerdem glauben Fachleute, dass im Ottomotor hinsichtlich Verbrauch und Abgasemissionen ein große Entwicklungspotential steckt: Durch den Einsatz neuer Werkstoffe, eines besseren Thermomanagements, durch Reibleistungs- und Prozessoptimierungen, variable Verdichtungen, eine Zylinderabschaltung, etc. soll die Effizienz um 15 bis 25% gesteigert werden können – allerdings ist dieser Aufwand auch hier mit Mehrkosten verbunden.
Die Zukunft der Benzin-Modelle
Trotzdem: Über kurz oder lang wird der klassische Ottomotor – wie der Diesel – zu einem Auslaufmodell werden, spätestens dann, wenn das Erdöl zur Neige geht.Die größte Zukunftschance des Ottomotors liegt deshalb mittelfristig in alternativen Antriebstechnologien:
- Zum einen in alternativen Kraftstoffen wie Autogas (LPG) oder Erdgas (CNG)
- Zum anderen in der Kombination mit Elektromotoren, sprich in der Hybridisierung.
Mit alternativen Kraftstoffen kann der Abgasausstoß und die Treibstoffkosten reduziert werden. Ottomotoren, die mit Erdgas laufen, stoßen rund ein Viertel weniger CO2 und drei Viertel weniger Kohlenmonoxid aus. Wird der Ottomotor mit Autogas befeuert, steigt der Verbrauch zwar geringfügig an, dennoch sinken die Abgasemissionen (rund 15% weniger Kohlendioxid, ca. 80% weniger Stickoxide) und die Treibstoffkosten (mehr als die Hälfte). Das heißt, viele werden sich in den nächsten Jahren beim Neuwagenkauf auf die alternativen Energien konzentrieren.
Alternative Technologien scheinen vielversprechend
Noch vielversprechender scheint der Einsatz des Ottomotors in Hybridantrieben als Neuwagen. Der Benziner und der E-Motor ergänzen sich nämlich sehr gut. Reine Elektrofahrzeuge werden zukünftig auch eine Konkurrenz zu den Verbrennungsmotoren sein. Im Zweiten Teil des Textes geht es um die Frage: Hybrid oder Elektro? Dort geben wir zum Schluss auch ein abschließendes Fazit, mit dem wir die Zukunft der Motoren erklären.