Ablenkungen beim Autofahren gefährden Ihre Sicherheit
Wenn Sie am Steuer mit dem Handy telefonieren, Nachrichten schreiben, essen oder den Bordcomputer bedienen, riskieren nicht nur Ihr eigenes Leben. Sie gefährden auch die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer und deshalb sind Ablenkungen ein wichtiges Thema für die Sicherheit im Straßenverkehr.
Zweitbeschäftigungen im Auto beeinträchtigen grundsätzlich die Aufmerksamkeit und das Reaktionsvermögen der Fahrzeugführenden. Die Ablenkungen provozieren Fahrfehler – auch dann, wenn sie nur wenige Sekunden beziehungsweise Blicke andauern. In mehreren Tests hat die ADAC Unfallforschung kurze Unaufmerksamkeiten von Autofahrern aufgrund von Multi-Tasking als Unfallursache identifiziert. Experten schätzen den Faktor "Ablenkung" als genauso gefährlich ein wie "Alkohol am Steuer". Jeder zehnte Crash auf deutschen Straßen sei möglicherweise auf die Nutzung von Smartphones zurückzuführen. Männer und Frauen sind gleichermaßen von der Problematik Ablenkung im Straßenverkehr betroffen.
Die häufigsten Zweitbeschäftigungen von Autofahrern
Die Liste der Ablenkungen ist lang, sie reicht von Musik über Beifahrer bis Handy.
- Viele Umfragen ergeben, dass heruntergefallene Gegenständeals eines der größten Probleme darstellen. Wer seinen Blick auf den Fußraum wendet und womöglich noch mit den Händen den Boden abtastet, sieht sich mit einem stark erhöhten Sicherheitsrisiko konfrontiert.
- Klassiker unter den Unachtsamkeiten während der Fahrt sind darüber hinaus das Telefonieren mit dem Smartphone sowie das Schreiben von SMS, Nachrichten oder E-Mails.
- Aber auch das Bedienen von Navigationssystemoder anderen Bedienelementen wie Radio oder Klimaanlage zu den Top Ten der Beeinträchtigungen während der Autofahrt.
- Ein bisschen seltener lenkt das Essen, Rauchen und Trinkenoder die Körperpflege vom Fahren ab.
- Nicht ablenken darf man sich auch von Kindern und Erwachsenen als Beifahrerund von einem Hörbuch oder der Lieblingsmusik.
Mögliche Folgen von Multi-Tasking im Kfz
Wer seinen Blick von der Straße abwendet, fährt im sogenannten Blindflug. Die Gefahr, sich hierbei in Schlangenlinien fortzubewegen, auf die Gegenfahrbahn zu geraten, in die Leitplanke oder gegen einen Baum zu knallen, ist nicht zu unterschätzen.
1 Sekunde Unaufmerksamkeit entspricht 30 Meter Blindflug
Bereits bei einer Geschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde führt eine Unaufmerksamkeit von nur einer Sekunde zu einem fast 30 Meter langen Blindflug. Fünf Sekunden bei Tempo 50 bedeuten 70 Meter ohne jegliche Kontrolle. Kommt es zu einer Gefahrensituation, ist die Reaktionszeit in der Regel zu kurz, um adäquat zu reagieren.
Blinde Fahrt mit Vielfältigen Folgen
Die Folge sind Fahrfehler: Das Lenkrad wird z. B. verrissen oder es wird in unangemessenem Umfang gebremst. Bei Aufnahme eines Telefongerätes sehen Autofahrer zwar zumeist nach vorne, sie haben aber i. d. R. ein drastisch verengtes Blickfeld und achten nur noch auf den Abstand zum Vorausfahrenden.
Fahrzeugführende, die sich Zweitbeschäftigungen widmen, wechseln darüber hinaus häufig ungewollt das Fahrtempo. Für den nachfolgenden, vorausfahrenden sowie einscherenden Verkehr stellt das unkoordinierte Be- bzw. Entschleunigen abgelenkter Personen ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Zusammenstöße beziehungsweise Auffahrunfällen sind mögliche Konsequenzen.
Bei Ablenkung durch zu laute Musik oder Gespräche ist davon auszugehen, dass Fahrzeugführende Warnhinweise, also das Hupen anderer Pkw-Fahrer überhören. Die Geräusche im Innenraum des Wagens übertönen unter Umständen auch die Sirenen sich nähender Polizeistreifen oder Krankenwagen. Auch technische Defekte an den Reifen und am Motor werden so überhört.
Gesetzliche Regelungen zu Ablenkungen am Steuern
In den Grundregeln, § 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) in Deutschland heißt es:
(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
(2) Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. (§ 1 StVO)
Bei Unfall - Bußgeld
Für folgende Tatbestände, die im Zusammenhang mit Ablenkung auftreten können, sind Bußgelder aufgeführt:
- Abkommen von der Fahrbahn und Verursachen von Sachschaden 35 €
- Verursachter Sachschaden durch Schleudern 35 €
- Streifen eines Fahrzeugs im Vorbeifahren und Verursachen von Sachschaden 35 €
- Beschmutzen eines anderen Verkehrsteilnehmers beim Befahren der Straße 10 €
Bei anderen Vergehen, wie z. B. Belästigung, Behinderung, Gefährdung oder Beschädigung „mehr als nach den Umständen unvermeidbar“ spricht der Gesetzgeber von einem „außer Acht lassen der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfalt“. Unter anderem fällt das vermeidbare Auffahren auf ein stehendes oder vorausfahrendes Auto in diesen Geltungsbereich. Die Strafen schwanken i. d. R. zwischen 10 und 35 Euro.
Mitschuld bei einem Unfall durch Ablenkung
Der § 23 der StVO enthält zudem folgenden Passus:
(1) Wer ein Fahrzeug führt, ist dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden. Wer ein Fahrzeug führt, hat zudem dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug, der Zug, das Gespann sowie die Ladung und die Besetzung vorschriftsmäßig sind und dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung nicht leidet. ... (§ 23 StVO)
Die allgemeine Behandlung des Faktors Ablenkung in der StVo gewährt den Behörden Spielraum. Prinzipiell sind Sie als Autofahrer dazu verpflichtet, die Aufmerksamkeit voll und ganz der Fahrtätigkeit zu widmen und Ihre Hände am Lenkrad zu belassen. Sind Sie in einen Unfall verwickelt und waren nachweislich abgelenkt, tragen Sie eine Mitschuld unabhängig vom Hergang. Darüber hinaus ist es möglich, dass Ihre Versicherung für den Schaden nicht aufkommt und sie selbst tief in die Tasche greifen müssen.
Verwendung von Handy am Steuer
Eindeutig per Gesetz im Absatz 1a des o. g. Paragraphen ist ausschließlich die Verwendung von Mobil- oder Autotelefon geregelt.
(1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist. (§ 23 StVO)
Daher benötigen Sie eine im Fahrzeug eingebaute Freisprechanlage zur legalen Nutzung während der Fahrt. Alternativ haben Sie die Möglichkeit, Ihr Auto ordnungsgemäß zu parken und den Motor abzuschalten, um zu telefonieren oder Nachrichten zu schicken. Für die unsachgemäße Verwendung von Mobiltelefonen im Auto fallen derzeit ein Bußgeld in Höhe von 60 Euro sowie ein Punkt beim Flensburger Kraftfahrtbundesamt an.
Radfahrer, die während des Fahrens telefonieren und erwischt werden, zahlen übrigens 25 Euro. Ob die Strafmaße angesichts der hohen Gefährdung von Verkehrsteilnehmern durch Ablenkung zu niedrig sind, steht derzeit in vielen Expertenrunden zur Diskussion.
Ablenkungen vermeiden – wie gelingt das?
Einfache Verhaltensregeln helfen dabei, die Ablenkungsgefahr während der Autofahrt zu minimieren. Prinzipiell gilt: Das Fahrzeug sollte nicht Arbeitsplatz, Wohnzimmer, Küche oder Badezimmer sein! Autofahren ist nicht mit einer Routinetätigkeit gleichzustellen. Denn auf der Straße ist jederzeit mit überraschenden Ereignissen zu rechnen, z. B. durch Unaufmerksamkeiten oder Fahrfehler anderer Verkehrsteilnehmer, wilde Tiere oder technische Defekte an Fahrzeugen.
Handy außer Reichweite packen
Um sich selbst zu schützen, empfiehlt es sich, das Handy vor der Abfahrt auszuschalten, einen mobilen Anrufbeantworter einzurichten oder das Gerät stumm zu stellen und an einem nicht erreichbaren Platz zu verstauen. Auch Gespräche über die Freisprechanlage lenken ab und sind deshalb möglichst zu vermeiden. Dies gilt vor allem für intensive Diskussionen und Streitgespräche.
Unterhaltung mit Maß
Falls Sie auf Musik im Auto nur ungerne verzichten, achten Sie darauf, Ihr Abspielgerät mit bestehender Playlist vorab anzuschließen beziehungsweise den Radiosender auszuwählen. Kurzwahltasten für Sender helfen dabei, die Hände nicht für einen längeren Zeitraum vom Lenkrad lösen zu müssen. CD Wechsel sollten gänzlich vermieden oder nur von Beifahrern übernommen werden. Bei dem Unterhaltungsprogramm ist grundsätzlich darauf zu achten, dass der Lautstärkepegel die Außen- oder Verkehrsgeräusche nicht übertönt.
Gespräche mit Mitfahrern sollten auf ein ruhiges Niveau reduziert und in kniffligen Fahrsituationen vollständig unterbrochen werden.
GPS und Assistenzsysteme richtig nutzen
Navigationssysteme können bei korrekter Anwendung wertvolle Helfer sein. Achten Sie darauf, das System vor dem Losfahren richtig einzustellen und in einem guten Blickwinkel zu positionieren. Eine Ansage der geplanten Route beugen einem Blindflug beim Fahren vor, der auftritt, wenn man die oft kleinen Bildschirme lesen will. Oftmals macht es Sinn, sich nicht ausschließlich auf GPS-Signale zu verlassen, sondern zusätzlich den Weg zum Zielort vorab auf der Karte anzuschauen.
Nicht nur für Navigationsgeräte, sondern auch für Assistenzsysteme im Auto gilt: Sie wirken im Idealfall unterstützend, entbinden den Fahrer jedoch nicht von seiner alleinigen Verantwortung für die aufmerksame und sichere Führung des Fahrzeugs. Verlassen Sie sich nicht allzu sehr auf die Funktionsweise der technischen Helfer.
Autofahrten vorbereiten
Insbesondere bei Touren mit einem Neuwagen bzw. nicht vertrauten Fahrzeug wie einem Mietwagen ist es wichtig, sich vor der Abfahrt mit den Funktionen des Wagens vertraut zu machen. Auch die Spiegel sind vor dem Losfahren einzustellen.
Bei längeren Fahrten empfiehlt es sich Verpflegungspausen in der Fahrzeit mit einzuplanen. So lässt es sich z. B. vermeiden, hinter dem Steuer zu essen oder zu trinken. Rasten geben einem zudem die Möglichkeit, frische Luft zu schnappen und wieder munterer zu werden. Grundsätzlich sollten Sie nur im ausgeruhten Zustand unterwegs sein.
Um die Sicherheit von Beifahrern, insbesondere das richtige Anbringen von Kindersitzen, sollten Sie sich unbedingt vor dem Losfahren kümmern. Haustiere sind mit adäquaten Gurten oder in Transportboxen zu befördern. Alle Gegenstände im Auto sollten so verstaut sein, dass Sie nicht zu gefährlichen Wurfgeschossen werden bzw. in das Sichtfeld oder in den Fußraum fallen können. Lässt sich die Verwendung von Utensilien während der Fahrt nicht vermeiden, so sind solche griffbereit im vorderen Teil des Autos zu verstauen, z. B. im Türfach des Fahrers.
Kinder sollten behutsam mit der Thematik „angemessenes Verhalten im Auto“ vertraut gemacht werden. Es kann Sie z. B. als Fahrer entlasten, wenn die jungen Mitfahrer sich ruhig mit einem Spielzeug beschäftigen.
Styling vor oder nach Fahrt
Für Schminken oder Ankleiden ist ein Fahrzeug nicht der richtige Ort. Erledigen Sie diese Dinge rechtzeitig, bevor sie abfahren oder nach der Ankunft – auch wenn die heimelige Atmosphäre in Ihrem Wagen Sie schnell zu Nebentätigkeiten verleitet.
Unterstützung von Experten: Fahrtrainings
Insbesondere für Führerscheinneulinge, aber auch für Personen mit mehrjähriger Fahrerfahrung, kann ein von Experten durchgeführtes Fahrtraining ein Weg sein, das Risiko von Ablenkungen während des Autofahrens besser einzuschätzen. Nach den absolvierten Übungen fällt es in der Regel leichter, in Gefahrensituationen auf der Straße angemessen zu reagieren.
Fahrtrainings in Deutschland bieten u. a. der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) sowie andere Automobilvereine an. Das Pkw-Basis-Training des ADAC umfasst z. B. praktische Trainingselemente wie Slalomparcours und Bremsen bei plötzlich auftretenden Hindernissen, aber auch wichtige Einheiten zu den Auswirkungen von Stress und Ablenkungen auf das Reaktionsvermögen.
Ihre Sicherheit liegt uns am Herzen
Hier finden Sie weitere Informationen zu verschiedensten Themen rund um Ihre Sicherheit im Auto:
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- Richtige Ladungssicherung: Wichtig für Ihre Sicherheit
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